Die Linde an unserer Kirche
Die Winterlinde, botanisch Tilia cordata, ist in Europa ein heimisches Gewächs. Sie entstammt aus der Familie der Malvengewächse. Für Laien ist es nahezu unmöglich den Unterschied zwischen Winterlinde und Sommerlinde zu erkennen. Als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal gelten die Blätter. Bei der Sommerlinde sind diese auf Blattober- und Unterseite behaart. Aber egal, beide Bäume werfen Ihr Laub im Herbst ab.
Pflanzen, zu denen auch Bäume gehören, haben meist eine Bedeutung. Sie sind Sinnbild, Andenken und man schreibt ihnen besondere Fähigkeiten zu. Linden sind in unserer mitteleuropäischen Kultur nicht zu missachten. Die Linde hat durch ihre Herzförmigen Blätter eine beruhigende Wirkung, sie ist Sinnbild für Geborgenheit und Sicherheit. Sie gilt als Liebesbaum, man kann die Anfangsbuchstaben der Verliebten in die weiche Rinde schnitzen. Die Herzblätter symbolisieren Liebe und Zuneigung. Wir habe ja alle schon Liebesbriefe geschrieben und darauf Herzen gezeichnet. Im Keltentum ist sie der Göttin Freija gewidmet, sie steht für Feuer und Frieden.
Linden gehören zu den Dörfern, auch bei uns. Sie ist Sinnbild für die Gemeinschaft, sie ist der Baum des Volkes. Bekannt ist die Linde auch als Tanzbaum, hier trafen sich früher die jungen Leute, um zu feiern. Als Gerichtslinde findet dieser Baum seit jeher seine Bestimmung, unter ihr wurde Recht gesprochen. Heute ergehen Urteile im Namen des Volkes, im Mittelalter wo noch auf Latein Urteile niedergeschrieben wurden hieß es „judicum sub tilia“ „Richter unter der Linde“.
Neben diesen Bedeutungen hat die Linde jedoch auch eine weitere Funktion. Sind wurde und wird gerne als Gedenkbaum gepflanzt. Auf Friedhöfen, an Ehrenmahlen oder als Friedenslinden wie hier bei uns in Bergheim. Die Lindengruppe an der Neuen Schulstraße gegenüber dem Anwesen Mänche ist hierfür ein Beweis, sie sollen nach Ende des Deutsch Französischen Krieg 1870/71 gepflanzt worden sein.
Ich möchte jedoch jetzt auf unsere Linde an der Kirche in Bergheim erinnern. Ich weiß nicht ob sie eine Tanzlinde, Gerichtslinde oder eine Gedenklinde ist. Vielleicht ist es auch eine Gerlinde und Dicklinde.
Wir haben heute den 14.01.2019. Für unsere Linde an der Kirche ist die untere Naturschutzbehörde zuständig. Die Linde, mit einen Stammumfang von 330 cm und einer Höhe von 20 – 25 m, ist nicht mehr standsicher. Im unteren Stammbereich sind Faulstellen, sie neigt daher umzukippen. Daher hat sich die unter Naturschutzbehörde entschieden unsere Linde zu fällen:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
die Linde an der Kirche in Bergheim ist als Naturdenkmal ausgewiesen. Bei solchen Ausweisungen trägt der Wetteraukreis die Verantwortung für die Verkehrssicherheit der Naturdenkmal-Bäume.
Nach unseren halbjährlichen Kontrollen und nach Hinweis Ihrer Gartenfachfirma haben wir den Baum kürzlich einer Begutachtung durch ein Baumstatik-Büro unterzogen.
Da zur Zeit Kippgefahr besteht und starke Schädigungen im unteren Stammbereich festzustellen waren, kann der Baum mittelfristig nicht mehr in seinem prägenden Zustand erhalten werden. Wir haben uns daher zu einer Fällung des Baumes entschlossen und werden den Auftrag dafür an die Fa. Rahmann aus Frankfurt vergeben.“
Nach meinen Erkenntnissen hat die Linde ein Alter von ca. 230 – 250 Jahren. Im Hinblick, dass unsere Kirche im Jahre 2024 ihre 300jährige Weihe feiert ist es denkbar, dass dieser Baum zum 50. Jahrestag gepflanzt wurde.
Der Kirchenvorstand von Bergheim beabsichtigt daher eine neue Linde im Kirchgarten unserer Gemeinde zu pflanzen.
Ich möchte diesen Artikel mit dem Text beenden mit der uns Ulrike Langlitz über die Fällung informiert hat:
„jetzt ist es soweit…. unsere Linde an der Bergheimer Kirche wird gefällt! Da wird uns was fehlen!!
Liebe Grüße Ulrike Langlitz“
Der Friedensplatz von Bergheim
Die Linde ist heute noch in vielen Kulturen als heiliger Baum bekannt. Diese Beziehung ist bereits zu Zeiten der Germanen, wie auch zum Beispiel bei Eichen entstanden. Auch nach der Christianisierung des Abendlandes lebte dieser Brauch mit der Verbundenheit der Menschen zur Natur weiter. So kennen wir doch alle die Dorflinde, sie bildete in früheren Zeiten den Dorfmittelpunkt und war Treffpunkt der Einwohner um Neuigkeiten aus zu tauschen oder einfach nur zu tratschen. In einigen Gegenden ist auch die Tanzlinde bekannt. Hier traf man sich zum tanzen oder man ging auf Brautschau, so wie heute, wenn man Samstagabend zum Feiern, in eine Disco geht.
Eine weitere Bedeutung erlangt die Linde als Gerichtsbaum, dieser Brauch stammt wahrscheinlich auch von den Germanen. Man versammelte sich unter bestimmten Bäumen, wie zum Beispiel einer Linde um Recht zu sprechen. So wurde der Baum im laufe der Jahrhunderte zum Gerichtsbaum bzw. zur Gerichtslinde.
Menschen brauchen nach schweren Zeiten oder schweren Ereignissen einen Platz oder einen Raum der ihnen Halt gibt, dies setzt sich bis heute fort. Man errichtet auch heute wieder Friedwälder oder pflanzt Bäume wo die Verstorbenen beigesetzt werden. Es entstand der Brauch das nach einschneidenden Erlebnissen, wie Pest, Krieg oder Hungersnot Friedenslinden gepflanzt wurden.
Auch wir haben in Bergheim einen Platz an denen vier Linden stehen, die drei Eichen mögen sich wohl im Laufe der Zeit dazu gesellt haben. Der Friedensplatz von Bergheim befindet sich an der „Neuen Schulstraße“ zwischen den Haus Mänche, Ostermann und Kalweit (vormals Dr. Wittmann)
In historischen Aufzeichnungen geht man davon aus, dass die Linden um 1813/14 zum Friedensschluss des Befreiungskrieges von Napoleon gepflanzt wurden. Es ist aber eher denkbar und realistisch das die Bäume nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/ 71 ihrer Bestimmung gemäß in Bergheim gepflanzt wurden.