Pfarramtlicher Zusammenschluss
Bergheim und Usenborn
Quelle „Blaues Gemeindeblatt“ von 1964
Mit dieser Urkunde ist ein längerer Abschnitt in der Geschichte der Gemeinden Gelnhaar und Bergheim zum Abschluss gekommen. Wenn auch in der Gegenwart sich die pfarramtliche Verbindung zweier Gemeinden in ihrem kirchlichen Leben kaum noch in stärkerem Maße äußert, so war in vergangenen Zeiten solche Zusammengehörigkeit doch bis ins Alltagsleben hinein spürbar.
Weithin bestimmte die Kirche das Leben jedes Einzelnen, sei es im öffentlichen-beruflichen Bereich oder sei es im Bereich des Familiären und Privaten. Wir denken dabei etwa an die Dienstleistungen, zu denen Jedermann für die Kirche herangezogen wurde, wir denken auch an die Naturalabgaben, die an Martini oder an anderen Stichtagen an den Pfarrer geleistet worden. Ebenso gehörte dazu die Ausübung einer Kirchenzucht, die bis zur gesellschaftlichen Ächtung eines Gemeindemitgliedes führen konnte. Der letzte Rest einer solchen kirchlichen Klammer zwischen zwei (oder auch mehreren Gemeinden) war der Besuch der Konfirmandenstunden am Pfarrort.
Die Älteren unter unseren Bergheimer Gemeindemitgliedern wissen noch sehr anschaulich aus jener Zeit zu berichten, in der ein Trüppchen Konfirmanden nach Gelnhaar zur Konfirmandenstunde pilgerten. Weil dort der Pfarrherr residierte und noch niemand erwartet hätte, dass der Pfarrer zu den Konfirmanden käme, statt sie zu ihm.
Hartnäckige Bergheimer Gemeinde und ihre Kirche
1719 wird Bergheim kirchlich zu Gelnhaar verbunden. Pfarrer Joh. D. Müller war befohlen worden, stets in Bergheim zu predigen und Abendmahl zu halten, ferner muss der Schulmeister von Bergheim bei allen Gottesdiensten das Singen versehen. Aber die Gemeinde Bergheim hatte sich bei Ortenberg wohler gefühlt. Hier nagelte man den Bergheimern die Kirchenbänke zu, da sie von den Ortenbergern abgetrennt wurden. Herr Michael Schroeder schreibt in „Kunst und Geschichte der Marienkirche zu Ortenberg“: Bei Kleine Kirchengeschichte: …über dem Hauptportal befindliche Bühne, wo jetzt solche sind, waren mehrere Emporbühnen. Unter anderen auch die Bergheimer, so dass die schönen Fenster im linken südlichen Seitenschiff fast ganz verdeckt waren.-
Als 1720 in Gelnhaar ein neuer Pfarrer antritt, versucht Bergheim die Verbindung zu lösen. Pfarrer Christoph Gottlob Schreiber befiehlt Bergheim hierauf nach Gelnhaar zu kommen und seine Antrittspredigt mit anzuhören. Es kamen jedoch nur drei Gemeindemitglieder. Der Pfarrer lehnte es aber ab in Bergheim zu predigen, da Joh. Emrich´s (Emmrich´s) Witte ihr Haus nicht länger für Gottesdienste zur Verfügung stellen wollte. Dieses Anwesen hat jetzt die Anschrift „In der Burg 1“ und ist im heute im Besitz der Familie Vonderlehr.
Unter freiem Himmel oder auf dem Kirchhof bei unfreundlichem Wetter ginge nicht und die Scheunen waren gefüllt mit Früchten. Die Bergheimer bildeten sich ein, sie würden zu ihrem alten Kirchen-Recht gelangen, den Gottesdienst in Ortenberg zu besuchen.
Pfarrer Schreiber ließ der widerspenstigen Gemeinde Bergheim sagen:
„Er komme am Montag 18 November 1720 mit dem Herrn Schulteyß herunter will sein Anstellungsbescheid legitimieren und ihn sagen, was zu sagen wäre.“
Ein Schulteyß ist ein „vollstreckender Beamter“ heute würde man sagen Polizist, der die Gemeinde zur Einhaltung der Gesetzte anhält. Aber auch Bürgermeister oder Richter der niederen Gerichtsbarkeit wurden so bezeichnet.
Mit dem Glockenschlag versammelt sich die Gemeinde jedoch wieder bei Joh. Emrich´s Witwe (Rothköpfin genannt, oder Roths Kathrine) auf deren Oberbühne, wo seither Gottesdienst gehalten wurde. Pfarrer Schreiber erklärte: „dass sie nicht mehr nach Ortenberg kommen würden, weil beide Hohe Herrschaften Hanau (Gelnhaar) und Stollberg (Ortenberg) sich einig waren, Bergheim abzutrennen und sie sollen sich zufrieden geben und sich gutwillig an Hanau binden lassen.“
Da Bergheim die Antrittspredigt in Gelnhaar nicht gehört hatte, verlangten sie vom Pfarrer am kommenden Sonntag wieder in Bergheim zu predigen, in der Rothköpfin´s Ober-Kammer von November an bis Oster.
Wie kam es nun zum Kirchenbau?
Aus Anlass der Erneuerung der Bergheimer Kirche (1967 – 1969) veröffentlich Pfarrer Koch in der Kirchlichen Presse 35 301-1 folgendes:
Pfarrer Johann Eberhard Stölting, Pfarrer zu Gelnhaar berichtet:
„Anno 1723 … ist über Menschen Vermuthen geschehen, dass Gott das Herz des Durchlauchtigsten Hochgeborenen Grafens und Herren, Herr Johann Reinharden, Grafens zu Hanau pp (pp = pater patriae, Vater des Vaterlandes) unseres gnädigsten Landes Herrn, und eines nachgesetzten Hochlöbl.
Evangelisch-Lutherischen Consistorii (=Versammlungsort) dahin regieret, daß man den Schluß gefaßet, dieses Dorf mit einer Kirche zu begnadigen. Es ist also den 27ten Julij A. 1723 in Nahmen des Dreyeinigen Gottes der Grundstein zu dieser Kirche durch den Hanauischen Amtman zu Ortenberg
S.T. Herrn Johann Reinhard Langermann gelegt worden.“ …
„Der Kirchenbau ist herauf fleißig fortgesetzt und in Jahres Zeit vollendet worden, worbey niemand von den Handwercksleuten, Gott sey Dank, Schaden gelitten.“ (Bergheimer Kirchenbuch).
„ANNO 1724 den 3ten Septembr., ware der XIII. (13.) Sonntag nach Trinitatis ist die Kirche in Bergheim eingeweihet worden. Früh morgens ginge ich im Procession mit den ledigen Personen auß Gelnhaar dorthin, die ledigen Mans-Personen hatten ihre Feyer= oder sonntags=Kleider an, und Bänder um die Arme gebunden. Die ledigen Weibs-Personen aber waren aufgebunden. Nach geendigter Einweihungspredigt, welche S. T. Herr M. Gottfried Müller, Hofpr. Und Consistorial Rath in Hanau verrichtete, wurde ich beyden Gemeinden fürgestellet. Hierauf traten Gelnhaarer und Bergheimer Gemeins Mäner nacheinander zum Altar, und gaben mir alß ihrem Pfarrer die Hand.“
Pfarrer Eberhard Stölting
Text basierend von Ursula Wenzel
Gemeinde – Report
Ausgabe 20
September – November 2015